Geheimtipp: Usedoms Achterland

April 24, 2023 | Author:

Die meisten Touristen Usedoms mögen die Sonneninsel mit den Kaiserbädern und Strand verbinden – doch jenseits dieses „Mainstreams“ findet man Erholung auch an Orten ohne Trubel, wie dem Stettiner Haff, kleinen Seen, herrlichen Wäldern und romantischen Plätzen.

 

Die Kaiserbäder auf Usedom sind zwar das Aushängeschild der Insel, aber aufgrund ihrer Popularität werden sie mittlerweile von einigen Menschen als zu überlaufen angesehen. Wer das Gefühl hat, dass die Straßen voller Menschen sind und nur noch Gedränge herrscht, verliert schnell die Lust auf Urlaub. Doch Usedom hat noch viele andere Attraktionen fernab des Trubels zu bieten – wie z.B. die Orte Korswandt, Kamminke, Garz oder Stadt Usedom, das Stettiner Haff, Wälder mit herrlichen Buchen und kleine Seen. Hier findet man Inselorte ohne Menschenmassen.

 

 

Ein Beispiel hierfür ist Korswandt, ein Dorf mit 600 Einwohnern am Wolgastsee, umgeben von alten Bäumen. Wenn man von der Straße von Heringsdorf nach Ahlbeck abbiegt, gelangt man auf eine fünf Kilometer lange Serpentine mit scharfen Kurven. Wenn man mit dem Fahrrad nach Korswandt fahren möchte, muss man Gefälle überwinden, das sich in der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren an diesem Hang gebildet hat.

 

 

Es knirscht und kracht, wenn Steine unter den Reifen zerspringen und meterlange Baumwurzeln überwunden werden müssen. Wenn man sich zu Fuß auf den robusten Pfad begibt, fühlt man sich wie bei einer Gebirgswanderung, obwohl Korswandt nur 15 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Es geht steil hoch, runter und wieder hoch zum Korswandter Berg mit der ältesten Rotbuche Usedoms.

Der Korswandter Wald gehört zum Naturpark Usedom, aber er ist keine gepflegte Parklandschaft, sondern eine Wildnis, die Baummarder, Dachse, Iltisse, Waschbären, Wiesel, Hasen und Rehe beheimatet. Neben mächtigen Buchen stehen auch Fichten und Eichen sowie Farne und Eiben aus dem Dickicht heraus. Im Herbst fällt welkes Laub sanft zu Boden und verrottet zusammen mit Totholz auf dem Waldboden.

 

 

Korswandt im Usedomer Hinterland wurde erstmals 1243 erwähnt und gehörte den Klöstern Stolpe und Pudagla, die beide lange Zeit die Insel dominierten. Über Jahrhunderte hinweg wurde auf Deutsch gebetet und gefleht, ab 1648 auf Schwedisch und ab 1720 wieder auf Deutsch, als die Preußen Usedom in ihr Reich aufnahmen.

 

Der klare Wolgastsee hat eine Tiefe von 16 Metern und ist Heimat vieler Fischarten. Archäologische Funde belegen eine Nutzung des Sees bis in die Bronzezeit zurück. Wanderer können auf einem 3,8 Kilometer langen Weg den See umrunden und Angler dürfen ohne Motorboote auf dem Wasser fahren. Abseits des Hauptstrandes gibt es versteckte Buchten mit weichem Sand, an denen nackt gebadet werden darf.

 

 

Man kann kaum behaupten, dass man im Innenland der Insel ist, angesichts des immer gegenwärtigen Wassers. Das weite Stettiner Haff kann als ein wahrer Ersatz für das Meer betrachtet werden. Es befindet sich an den Mündungen von Oder und Peene, erstreckt sich über Deutschland und Polen und ist mit einer Fläche von rund 900 Quadratkilometern nach dem Kurischen Haff das zweitgrößte an der Ostsee.

Das Brackwasser des Stettiner Haffs ist durch Inseln und Landzungen vom offenen Meer getrennt und enthält sowohl Süß- als auch Salzwasser. Im Sommer ist es um drei bis vier Grad wärmer als das Meerwasser und kühlt entsprechend langsam ab – perfekt für Herbsturlauber.

 

 

Von Korswandt aus führt eine Fahrradtour entlang des Stettiner Haffs – mal direkt am Ufer, mal etwas zurückgesetzt. Vor dem malerischen Fischerdorf Kamminke mit seiner Steilküste erstreckt sich der deutsche Teil des Haffs, das Kleine Haff, mit flachem Wasser und als Refugium für Wasservögel und Wassersportler.

Die Region zwischen Kamminke, Garz und Zirchow wirkt ruhig und fast abgelegen. Die Natur scheint unberührt, und vom Golm aus, dem höchsten Punkt Usedoms (nur 69 Meter hoch), kann man über das Haff und die polnische Grenze bis nach Swinemünde auf der einen Seite und die Ostsee auf der anderen Seite blicken.

Zirchows St.-Jakobus-Kirche wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts als Wehrkirche aus Feldsteinen errichtet und ist der älteste Kirchenbau auf Usedom. Das umfangreichste Museum der Insel befindet sich in Dargen, einem 500-Einwohner-Ort, und zeigt alles, was in DDR-Zeiten über die Insel fuhr und rumpelte, von Traktoren, Krankenwagen, Feuerwehr und Militärtechnik bis hin zu Kleinwagen sowie Haushaltsgegenständen und Konsumgütern.

 

 

Stolpe, sechs Kilometer entfernt, verfügt über einen kleinen Hafen und ein massives Schloss und ist vermutlich der älteste besiedelte Ort der Insel. Slawen und Germanen bekämpften sich hier jahrhundertelang. Das 120 Meter lange Schloss dominiert das Dorf, das fast in den umliegenden Feldern zu versinken scheint. Die Stadt Usedom am Achterwasser ist mit einer Inselkäserei und Läden voller regionaler Spezialitäten charmant.

 

 

Die Zecheriner Brücke im Westen der Insel führt über die Peene und ist Usedoms südliche Anbindung ans Festland. Die Klappbrücke wurde 1931 eröffnet, am Ende des Zweiten Weltkrieges von der Wehrmacht gesprengt, 1955 in der DDR-Zeit wieder errichtet und nach deren Ende im Jahr 2000 saniert. Sie ist 325 Meter lang und bietet während der Überfahrt Ausblicke auf die größten Backsteinscheunen der Insel, die wie aus ferner Vergangenheit zurückgelassen wirken.

 

 

 



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